Du reitest konzentriert im Unterricht. Du bekommst etwas erklärt. Dann die Frage deiner Reitlehrerin: „…Fühlst du das?“ Du zögerst einen Moment. Denn die ehrliche Antwort lautet „Nein.“
So oder so ähnlich geht es uns allen manchmal. Oft ist es uns unangenehm, zuzugeben, dass wir eine Veränderung, die beim Reiten eintritt, nicht wahrgenommen haben.
Ich erkläre dir in 3 Schritten, wie du dann vorgehen kannst.
Auch Fühlen will gelernt sein
Dabei ist es ganz normal, dass wir nicht direkt alles fühlen bzw. einordnen können. Beim Reiten gibt es so viele Reize gleichzeitig, dass wir erstmal lernen müssen, auf welche wir uns konzentrieren wollen.
Äußern wir ehrlich, wenn wir etwas nicht gefühlt haben, ist es wichtig, dass der Reitlehrer konstruktiv mit dieser für das Gelingen der weiteren Zusammenarbeit wichtigen Information umgeht.
Ein entsetztes “Was, das merkst du nicht…?!” vom Bodensupport hilft leider nicht, das notwendige Vertrauen in die eigene Wahrnehmung zu entwickeln. Im Gegenteil: Oft sind wir dann sogar gestresster und folglich blockierter in unserer Wahrnehmung.
Sagen wir nichts, findet der Unterricht ab da gewissermaßen an uns vorbei statt. Auch keine erstrebenswerte Option.
Die gute Nachricht lautet: Du bist nicht zu blöd zum Fühlen.
An der Stelle, um die es gerade geht, hast du die Wahrnehmung deiner Gefühle einfach noch nicht entwickelt.
Lautet die Frage deines Reitlehrers beispielsweise: „Fühlst du, dass dein Pferd jetzt hinten links besser durchschwingt?“, lautet die Antwort vielleicht „Nein.“
Auf die Frage: „Hast du in diesem Moment einen Unterschied bemerkt?“ lautet sie wahrscheinlich „Ja.“ Auch wenn wir manche Dinge (noch) nicht einordnen können, nehmen wir sehr wohl Unterschiede wahr. Im Gespräch mit deinem Reitlehrer lernst du dann, diese einzuordnen.
So entwickelst du die Wahrnehmung deiner Gefühle beim Reiten
Das Wahrnehmen von Bewegungsqualitäten des Pferdes ist nichts, was wir mit in die Wiege gelegt bekommen haben (oder eben nicht). Du kannst es lernen, trainieren und immer weiter verfeinern. Dieser Überzeugung war schon Wilhelm Müseler, der in der Einleitung zu seinem Klassiker „Reitlehre“ schrieb:
„Gefühl ist keine schwarze Magie. Bis zu einem sehr erheblichen Grad kann sich jeder Gefühl aneignen.“
Wenn du also das nächste Mal nicht sicher bist, ob du „es“ beim Reiten gefühlt hast, kannst du wie folgt vorgehen:
- Ehrlich sagen, wenn du eine bestimmte Veränderung nicht gefühlt hast.
- Überlegen, ob du einen Unterschied gefühlt hast und sagen, wie du ihn wahrgenommen hast. (Wenn du in deinen Worten beschreibst, was du wahrnimmst, kann dein Reitlehrer dich besser unterstützen.)
- Situation wiederholen und üben, diesen Unterschied zu finden.
(Der Reitlehrer beobachtet euch, du sagst, wann du den Unterschied gemerkt hast und dein Reitlehrer gibt dir Feedback.)
Du wirst erstaunt sein, wie schnell sich deine Wahrnehmung verbessert, wenn du dich darauf konzentrierst, zunächst nur Unterschiede wahrzunehmen.
In diesem Sinne, viel Freude beim Reiten!