Knnnnschhhh… das ist das Geräusch, dass ein Knie macht, wenn es an der Bande entlangschrabbt, weil dein Pferd nicht abwenden wollte. Aber auch, wenn deine Knie heil bleiben, kann es einen ganz schön frustrieren, wenn das Reiten von Zirkeln und Co nicht funktioniert.
Reiter, die Schwierigkeiten mit dem Reiten von Wendungen haben, verhalten sich häufig nach dem Prinzip “viel hilft viel”. Also ganz viel Mitwenden und den Zielpunkt fixieren. Leider bedeutet viel Hilfe zu geben, nicht besser geritten zu sein.
Richtig abwenden ist ein vielschichtiges Thema:
Natürlich macht es mehr Spaß, wenn ein Pferd gut beim Abwenden reagiert. Viel wichtiger ist aber der Aspekt der Gymnastizierung. Ein aus unserer menschlichen Perspektive “falsches” Abwenden belastet die Beine des Pferdes leider auch deutlich ungünstiger. Auf Dauer kann dies zu Fehlbelastungen und Verschleiß führen.
In diesem Beitrag erfährst du:
- Welche möglichen Gründe dein Wendeproblem haben kann
- Wie dein Reitersitz das Abwenden beeinflussen kann
- Mit welchem inneren Bild du in Zukunft besser die Kurve kriegst
Wie leicht dein Pferd abwendet, hat viel damit zu tun, wie gerade gerichtet es ist und wie du es auf seinem individuellen Ausbildungsstand unterstützen kannst. Um richtig abzuwenden, reicht es nicht, nur richtig zu sitzen. Der Dialog mit dem Pferd über die Hilfen muss auch funktionieren. Hier hilft dir am besten dein Reitlehrer zuhause.
Wie in allen meinen Beiträgen, gehe ich davon aus, dass dein Pferd gut gemanagt ist: Der Sattel passt, der Zahnarzt ist regelmäßig da, du lässt es regelmäßig osteopathisch checken und es führt ein artgerechtes Leben. All diese Faktoren tragen zur Rittigkeit und somit auch zum guten Abwenden bei.
Damit ein Abwenden gymnastisch sinnvoll werden kann, muss uns erstmal klar sein, wie es idealerweise aussähe. Dass wir uns nicht wie mit einem Motorrad in die Kurve lehnen wollen, ist irgendwie klar. Aber wie genau ist es richtig? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir zuerst, was das Pferd tun muss, um eine Wendung gymnastisch sinnvoll zu absolvieren. Und dann natürlich, wie wir ihm dabei helfen können.
Beim Reiten von Wendungen (und dem Reiten allgemein) geht es auf körperlicher Ebene darum, dass das Pferd lernt, seinen Brustkorb unter dem Reiter zu stabilisieren. (Mehr könnt ihr dazu z.B. in “Das Pferd in positiver Spannung” von Stefan Stammer lesen.)
Von vorne betrachtet (und vor allem als Reiter gefühlt) bleibt der Widerrist dann über dem Brustbein des Pferdes. Und wir senkrecht darüber. Ein gutes Reiten in die Wendung siehst in der Abbildung. Die wichtigen gedanklichen Hilfslinien Widerrist-Brustbein und Wirbelsäule des Menschen sind grün eingezeichnet.
Ein gutes Abwenden erkennst du,
- wenn du das Gefühl hast, dass das Pferd vor dir (und nicht unter oder hinter dir abwendet)
- wenn dein Pferd am inneren Zügel leicht bleibt
- wenn es euch leicht fällt, auf der geplanten Linie zu reiten
Um das Abwenden korrekt auszuführen, ist entscheidend, dass wir die richtige Bewegungsidee für das Pferd haben. Die übermitteln wir über unseren Sitz.
Wir helfen dem Pferd mit unserem Reitersitz am besten, indem wir uns nur drehen und nicht kippen. Du kannst dir vorstellen, dein Oberkörper sei wie eine Schraube, die sich in die Richtung dreht, wo du hin möchtest. Wichtig ist es, nur so viel oder wenig zu wenden, wie das Pferd abwenden soll. Um das richtige Maß zu finden, stell dir vor, auf deinem Brustbein wäre eine Taschenlampe, mit der du genau auf die vor dir liegende Linie leuchtest. Oder du stellst dir wie auf meiner Zeichnung vor, dass du auf deinem Pferd wie in einem kleinem Boot sitzt, dass sich auf einer Wendung bewegt. In dem würdest du dich auch nur dem Weg vor dir zuwenden. Bei anderen Bewegungen würde ja Wasser ins Boot laufen.
Wenden wir uns zuviel mit, passen unsere Bewegung aber nicht mehr zu der des Pferdes. Wir sind nicht mehr synchron. Das ist immer der Moment, wenn Reiten unharmonisch wird.
Kippen die Pferde in die Wendung oder laufen uns über die äußere Schulter weg, stabilisieren sie ihren Brustkorb unter dem Reiter nicht optimal. In der Abbildung ist die Linie Widerrist-Brustbein rot eingezeichnet. Sie ist schief. Genau wie unsere Wirbelsäule über dem Pferd.
Du merkst, dass dein Pferd sich in der Wendung nicht richtig stabilisiert,
- Wenn es viel schneller abwendet, als du das wolltest
- Wenn du das Gefühl hast, dass es auf die innere Schulter fällt
- wenn die Hinterhand nach außen wegdriftet
Wenn das Pferd kippt, kippst du mit. Zumindest solange, bis du es merkst und dich wieder gerade hinsetzt und dich um deine Achse wendest.
An den Zeichnungen wird deutlich, dass Pferd und Reiter sich immer wechselseitig beeinflussen. Im Guten wie im Schlechten. Wenn du also vor der Wendung daran denkst, aufrecht zu sitzen und stabil in die Kurve zu reiten, gibst du deinem Pferd einen guten Anhaltspunkt, wie es idealerweise abwenden soll. Umgekehrt kann dir dein Körper ein guter „Warnmelder“ sein: Wenn du merkst, dass du kippst, weißt du, dass dein Pferd dabei ist seine Stabilität zu verlieren und kannst ihm helfen, sie wieder zu finden.
Wenn du noch mehr erfahren möchtest, oder spezifische Fragen hast, schreibe mir gerne über das Kontaktformular. Und ich freue mich riesig, wenn du den Artikel teilst!
Vielen Dank für die tollen Bilder und die Erstellung der Grafiken an Herzenshundfotografie. Für die unprofessionelle Zeichnung kann sie nichts…