Hast du beim Reiten auch schon mal auf deine Hände geschaut, und dabei festgestellt, dass du eine Hand viel weiter vorne hältst, als die andere? Oder sind dir schon mal die Arme lahm geworden, obwohl dein Pferd gut auf die Zügelhilfen reagiert? Ein Grund dafür könnte die Haltung deiner Ellenbogen sein.

Obwohl sie im Unterricht so selten thematisiert werden, haben die Ellenbogen wichtige Funktionen im Miteinander mit dem Pferd. Sie sind quasi die Statisten deines Reitfilms, durch die die Story erst richtig funktioniert: Solange sie da sind und alles richtig machen, bemerkst du sie garnicht. Erst wenn sie komische Sachen machen, fallen sie auf.

In diesem Beitrag erfährst du, 

  • wie wichtig deine Ellenbogen als Dreh- und Angelpunkt für eine gefühlvolle Einwirkung mit deinen Händen sind und mit welcher Armhaltung du am Besten reitest.
  • wieso du nicht gefühlvoll einwirken kannst, wenn du den Arm gerade durchstreckst
  • wie du mit einem Gedanken an deinen Ellenbogen deine Position auf dem Pferd positiv beeinflussen kannst
  • wieso der Ellenbogen dir wichtige Informationen über die Geraderichtung deines Pferdes geben kann

Für die bestmögliche Wahrnehmung des Pferdemauls und die feinste Einwirkung ist die Haltung deiner Schultern und Arme wichtig.

Im letzten Beitrag ging es ja darum, wie du deine Schultern nach hinten nimmst, ohne dabei fest zu werden.  Der Ellenbogen kann im Wesentlichen den Unterarm gegenüber dem Oberarm strecken und beugen. Außerdem ist er für das Umwenden und Drehen des Unterarms zuständig.

Damit die Verbindung zum Pferdemaul weich und gefühlvoll sein kann, ist die Haltung der Arme entscheidend. Wir funktionieren in Gelenkketten: Für die Zügelhilfen ist die Gelenkkette Schulter-Ellenbogen-Handgelenk entscheidend. Diese drei Gelenke beeinflussen sich gegenseitig: Ist ein Gelenk festgestellt, können die anderen nicht locker agieren. Wenn alle Gelenke gut zueinander ausgerichtet sind, ist das ein Gefühl, als lägen deine Finger direkt im Maul. (Mehr zur Handhaltung erfährst du in dem Beitrag „Hast du es in der Hand?„)

Der gute Sitz ist nie nur die Form, die am besten aussieht, sondern die Haltung, in der wir uns am Besten in die Bewegung des Pferdes integrieren können. Der leicht gewinkelte Ellenbogen ist also keine Frage der Ästhetik, sondern eine Tür für einen guten Zügelkontakt.

Steht dein Ellenbogen seitlich ab, geht das nur, wenn wir gleichzeitig einen Rundrücken machen. Unsere Vorderseite verkürzt sich. Wir können nicht aufrecht auf dem Pferd sitzen und mitschwingen. Der negativste Effekt ist, dass die Zügelhilfe immer direkt deutlich rückwärts wirkt. Das geht aus dieser Armhaltung nicht anders. Du kannst nicht durchlässig aufrecht auf dem Pferd sitzen und gleichzeitig die Ellenbogen weit vom Körper entfernt haben. 

Wenn du dazu neigst, die Ellenbogen weit vom Körper weg zu halten, stell dir vor, du würdest ein aufgeschlagenes Buch vor dir in den Händen halten.

Inneres Bild, um die Ellenbogen am Körper zu halten

Ist dein Arm starr gerade ausgestreckt, können deine Hände nicht fühlen: Versuch mal, wenn du am Boden bist, deinen Arm gerade auszustrecken und dann dein Pferd gefühlvoll zu streicheln. Das geht nicht. Genauso wenig könntest du in dieser Haltung in Schönschrift schreiben. Die feine Einwirkung auf das Pferdemaul geht so natürlich auch nicht.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Geraderichtung unserer Pferde.

Wenn wir ein gutes Körpergefühl haben (bzw. entwickeln) wird unser Körper immer mehr zum Spiegel des Pferdekörpers: Verändert sich das Pferd, können wir das auch in unserem Körper wahrnehmen.

Jedes Pferd hat eine natürliche Schiefe. Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich verkürze es mal auf den Aspekt, der für unsere Armhaltung wichtig ist: Pferde biegen sich in der Regel besser zu einer Seite, z. B. nach rechts. Ist das bei deinem Pferd der Fall, wird es dir immer den linken Arm “lang ziehen” wohingegen du dazu neigen wirst, den rechten Zügel kürzer zu fassen, weil dein Pferd sich hier ja verkürzt. Wenn du beim Reiten nach unten guckst, stellst du fest, dass deine linke Hand immer 5 bis 10 cm weiter vorn ist als die rechte.

Ein gutes Gefühl für deinen Ellenbogen hilft dir, rechtzeitig zu merken, wenn dein Pferd sich schief machen möchte. So kann auch der Ellenbogen einen wichtigen Beitrag zur Geraderichtung deines Pferdes liefern.

Natürlich ist die richtige Armhaltung nur die halbe Miete für einen guten Zügelkontakt. Wichtig ist auch, dass dein Pferd die Einwirkung versteht.

Wenn du das Gefühl hast, dass du gut sitzt und sich dein Pferd trotzdem gegen den Zügel wehrt, kann dies viele Ursachen haben. Ein paar Anregungen findest du in in dem Artikel „Richtig reiten reicht nicht“.

In meinem Buch “An die Hand genommen” zeige ich dir, wie du deinem Pferd die Zügelhilfen vom Boden aus besser erklären kannst.

Mehr zu mir als Ausbilderin findest du hier.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Umsetzen und beobachten!

Vielen Dank an Herzenshund-Fotografie für die Fotos!