Hast du dich auch schon mal ertappt, wie du zum Abwenden den inneren Zügel deutlich angenommen – dich vielleicht sogar festgezogen – hast? Und trotzdem driftet dir dein Pferd nach außen weg oder wendet erst gar nicht ab?

Mit Sicherheit ist dir klar, dass du dein Pferd nicht am inneren Zügel in die Wendungen ziehen sollst, sondern dass die äußeren Hilfen vorherrschen sollen. Aber es gibt Reitsituationen, in denen erscheint es wie ein Ding der Unmöglichkeit, abzuwenden und dabei am inneren Zügel nachzugeben.

Heute möchte ich ein inneres Bild mit dir teilen, das vielen meiner Reitern in Sachen Abwenden gute Dienste leistet. Aber zuvor eine kurze theoretische Überlegung was Wendungen reiten ausmacht.

Wendungen reiten ohne Reibungsverluste

Sicherlich gibt es dazu viele schöne und literarisch wertvolle Zitate, hier aber nur eine ganz pragmatische Überlegung: Beim Reiten sollen sich zwei Körper – Reiter und Pferd – harmonisch und störungsfrei miteinander bewegen. Damit dies möglich ist, muss die entstehende Bewegungsenergie aufgenommen und weitergeleitet werden.

Wenn wir uns in der Wendung am inneren Zügel festziehen oder permanent gegenlenken müssen, gibt es da eine Menge Reibungsverluste. Es entsteht kein Bewegungsflow.

Natürlich gibt es viele Voraussetzungen, die in deiner Ausbildung und der deines Pferdes für das korrekte Reiten von Wendung erfüllt sein müssen. Mehr dazu erfährst du in diesem Beitrag.

Abwenden mit der Murmelbahn

Du kennst aus deiner Kindheit bestimmt diese Murmelbahn. Oben lässt du eine Murmel losrollen, die dann ruhig und gleichmäßig die Kurven hinunter rollt. Sie hält die vorgegebene Bahn präzise ein. Genau diese Murmelbahn kann dir helfen, besser abzuwenden und gebogene Linien genau zu reiten:

Stell dir vor, die Bewegungsenergie deines Pferdes ist die Murmel. Und deine Hilfen sind wie die Wände der Murmelbahn: Sie kanalisieren die Bewegungsenergie des Pferdes.

So bekommst du dein Pferd beim Reiten von Wendungen vor die Reiterhilfen.

Sie bremsen die Energie nicht aus. Die Murmel nimmt gleichmäßig ihren Weg. Dein Pferd kann sich ungehindert losgelassen bewegen. Idealerweise gibt es von der geplanten Linie keine Abweichung. (Randnotiz der Reitlehrerin: Deswegen ist das korrekte Ausreiten der Hufschlagfiguren auch so wichtig. Sie sind ja die Murmelbahn in deinem Kopf. Und wenn du keinen Plan hast, wo deine Bahn langläuft, hat dein Pferd auch keine Chance, sich bestmöglich auf der Linie zu entwickeln.

Die inneren Reiterhilfen lassen die Bewegung zu

Wenn du dazu neigst, in Wendungen den inneren Zügel zu viel und zu lange zu benutzen, denk daran, wieso die Murmel in die Kurve geht: Die äußere Wand (die äußeren Hilfen) leiten sie. Es ist nicht die innere Wand, die sie “zur Seite zieht”. Im Gegenteil, die innere Wand lässt zu, dass die Murmel um die  Kurve rollt. So wie auch deine innere Hilfen zulassen müssen, dass dein Pferd in die Wendung kann.

Inneres Bild um Wendungen besser reiten zu können.

Die inneren Hilfen bezieht sich übrigens nicht nur auf den inneren Zügel. Auch dein innerer Oberschenkel muss das Abwenden zu lassen, deine Gewichtshilfe den Weg in die Richtung weisen und deine Schulter muss sich mitdrehen. Viele Reiter wundern sich, wieso ihr Pferd nicht abwendet, klemmen aber beim Abwenden mit dem inneren Oberschenkel. Wenn du dazu neigst, stell dir vor, dass du von vorne vor deinem Hüftgelenk ein Auge hättest, das auf die zu reitende Linie schauen will.

Was die Gewichtshilfe angeht, gilt auch hier: Viel hilft nicht immer viel. Wenn du zu sehr in die gewünschte Richtung sitzt, machst du dich fest und blockierst dich und das Pferd.

Wendungen reiten ohne mit dem Oberschenkel zu klemmen.

Wieso fällt das Nachgeben dann leichter?

Und wenn es mal Situationen gibt, in denen du zum Abwenden doch den inneren Zügelanfassen musstest (das soll sogar bei den besten Reitern gelegentlich mal vorgekommen sein), dann lässt du direkt danach wieder los, damit die Bewegungsenergie deines Pferdes nicht gebremst oder “abgeleitet” wird.

Die Vorteile der Murmelbahn auf einen Blick:

  • Du lenkst die Bewegungsenergie des Pferdes statt sie auszubremsen. Oder Beifahrer zu sein
  • Sobald dein Pferd auf der Linie ist, fällt es dir leicht, den inneren Zügel wieder loszulassen
  • Du merkst leichter, wann du nachtreiben musst, um das Pferd wieder vor die Hilfen zu bekommen
  • Du reagierst rechtzeitiger, wenn dein Pferd die geplante Linie verlässt
  • Die Abstimmung deiner Hilfen beim Abwenden verbessert sich

Allerdings hilft und funktioniert nicht jedes innere Bild für jeden Menschen. Wenn du jetzt das Gefühl hast, dass dir die Murmelbahn z.B. viel zu statisch ist oder du da einfach nichts mit anfangen kannst, ist das völlig in Ordnung. Dann gibt es eine anderes inneres Bild, das besser zu dir passt. Oder du brauchst zu diesem Thema gar keins.

Wenn dir die Murmelbahn geholfen hat, freue ich mich sehr wenn du diesen Artikel teilst! 

Mehr zu mir als Ausbilderin erfährst du unter www.kristina-janssen.com oder auf meinem Instagram-Kanal @kristinamaria.janssen
Vielen Dank an Herzenshundfotografie für die Bilder!