Aussitzen kann eine echte Herausforderung sein: Wenig anderes verrät so zweifelsfrei, wie locker und durchlässig du und dein Pferd sind.
Um gut Auszusitzen reicht es leider nicht, wenn dein Pferd dynamisch im Trab vor sich hinschwingt: Dein Körper muss in der Lage sein, diese Bewegung zuzulassen und mitzuvollziehen. (Und durch die Hilfengebung auch noch zu beeinflussen.)
Aber auch, wenn du jeder Ballettänzerin Konkurrenz machst, wirst du nicht schön Aussitzen können, solange sich dein Pferd sich noch festhält.
In diesem Beitrag erfährst du,
- wann aussitzen für dich und dein Pferd sinnvoll ist.
- warum du schneller elastisch aussitzen wirst, wenn du erstmal ausschließlich leichttrabst.
- mit welchen inneren Bildern du dein Aussitzen verbessern kannst.
- woran du erkennen kannst, dass sich dein Pferd beim Aussitzen verspannt.
Was bedeutet Aussitzen?
Aussitzen bedeutet, dass wir im Trab mit unserem Gesäß im Sattel bleiben und nicht wie beim Leichttraben mit dem Vorfußen der Diagonale hinten innen – vorne außen aufstehen. Im Aussitzen können wir besonders gut mit der Hinterhand der Pferde Kontakt aufnehmen. D.h. Aussitzen ist besonders hilfreich, wenn du dich in das Gebiet der versammelnden Lektionen vorwagst.
Ab wann kann man ein Pferd aussitzen?
Der richtige Zeitpunkt, um mit dem Aussitzen anzufangen ist gekommen, wenn dein Pferd im Leichttraben zufrieden und dynamisch über den Rücken läuft. Und du schon zwischen relativer Aufrichtung und Dehnungshaltung unterscheiden kannst.
In meinem Unterricht habe ich die Erfahrung gemacht, dass es selten absolute Richtwerte gibt, an die du dich halten kannst. So ist es auch beim Aussitzen: Ein erfahrener, elastischer Reiter kann vielleicht ein junges Pferd schon kurz aussitzen, ohne es zu stören. Wenn du aber Rückenprobleme hast und dein Pferd viel Schwung, kann es für euch besser sein, länger zu warten und nur kurz auszusitzen. Grundsätzlich sollte sich die Trabbewegung deines Pferdes durch das Aussitzen nicht verschlechtern.
Wie lernt man Aussitzen im Trab?
Wenn du oder dein Pferd anfangen sich zu spannen, solltest du zum Leichttraben wechseln. Mehr dazu, wie du das Aussitzen trainieren kannst, findest du in dem Beitrag „Was du tun kannst, wenn dir das Aussitzen schwerfällt“.
Leichttraben ist übrings eine verhältnismäßig junge Errungenschaft der Reiterei: Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gilt der Reitmeister E.F. Seidler als ihr Erfinder. Von da an hat sich das Leichttraben langsam durchgesetzt.
Heute ist es wichtiger denn je: Unser Durchschnittspferd heute hat deutlich schwungvollere Bewegungen als die Pferde früher. Damit sie diese entwickeln können, brauchen wir das Leichttraben. Es erleichtert Mensch und Pferd das Traben. Pferde können ungestört vom Menschen ihre bestmögliche Bewegung entwickeln.
Je besser ein Pferd über den Rücken geht, desto leichter wird es dir fallen, es auszusitzen.
Wie kann ich beim Reiten besser aussitzen?
Als erstes ist es wichtig, mit was für einem Gedanken du das Aussitzen startest. Viele halten die Luft an, als würden sie auf Tauchgang gehen und klemmen sich dann im Sattel fest.
Auch die Art und Weise, wie Aussitzen im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird, hilft uns nicht. Hier wird es ja immer verwendet, wenn es gilt, etwas aus- oder durchzuhalten. Oder auch, wenn bestimmte Probleme nicht angegangen werden. Und all das sollte Aussitzen beim Reiten nicht sein.
Was verknüpfst du mit dem Aussitzen?
Stattdessen hilft es, sich vorzustellen, dass du und dein Pferd zwei dynamische Körper seid, die gemeinsam schwingen wollen. Lass also als erstes den Gedanken “Du wirst bewegt” zu. Oft haben Reiter durch Anweisungen wie “mehr Kreuz” oder “mehr dransitzen” eine viel zu aktive Einstellung zum Aussitzen im Kopf.
Dein Pferd kann dich dann nicht mehr gut in die Trabbewegung mitnehmen. Wir verhindern, dass das Pferd seine schöne Bewegung entfalten kann. Spannungstritte oder ein Trab mit wesentlich weniger Schwebephase als dein Pferd in die Wiege gelegt bekommen hat, sind die Folge.
Wenn du merkst, dass du “zu engagiert” ans Aussitzen gehst, stell dir vor, dass du auf einen fahrenden Schlitten zusteigen möchtest. Der Schlitten soll nicht bremsen oder aus der Bahn geraten, sondern seine Fahrt ganz störungsfrei fortsetzen.
Wie kannst du besser mitschwingen?
Wenn dein Pferd locker läuft, es dir aber schwer fällt, die schwungvolle Bewegung in deinem Körper zuzulassen, hilft das Bild eines “inneren Balles”, der zwischen dem Zwerchfell deines Pferdes und deinem im Takt hin- und herspringt. Dazu kannst du rhythmisch “Bounce, Bounce, Bounce” denken. Wenn dieses Bild für dich funktioniert, kannst du sogar durch die Größe des Balles den Takt und das Schwingen beeinflussen. Je größer und elastischer der Ball, desto schwungvoller die Bewegung. Wenn ich das mache, muss ich eh immer schon lachen, dann fällt das ganze nochmal so leicht.
Wie bleiben deine Beine beim Aussitzen am Pferd?
Fliegende Unterschenkel sind ein Leid, mit dem viele Reiter zu kämpfen haben. Dein Bein wird dann unruhig, wenn du versuchst, dich im Sattel festzuklemmen. Das kann der Fall sein, wenn dein Pferd noch nicht bereit ist, dich locker im Aussitzen mitzunehmen. Oder du sitzt zu lange aus. Da hilft es am besten, kurz leichtzutraben, darauf zu achten, dass dein Fußgelenk wieder elastisch nach unten federt und dann neu zu auszusitzen. Du wirst überrascht sein, wie schnell du längere Strecken locker aussitzen kannst! Und, ganz wichtig: Weiteratmen! Viele Reiter halten vor lauter Konzentration die Luft an, was zu zusätzlichen Verspannungen führt.
Die goldene Mitte zwischen an An- und Entspannung beim Aussitzen finden
Um elastisch Auszusitzen, brauchen wir das richtige Verhältnis zwischen positiver Anspannung und Entspannung. Zu viel Anspannung wird zur Verspannung: Der Reiter, der steif wie ein Brett sitzt. Zu viel Entspannung ist der Schluck Wasser in der Kurve. Mehr erfährst du in dem Beitrag „Wie locker sitzen ist locker genug? Finde die richtige Spannung beim Reitersitz“.
Grundsätzlich gilt, dass dein Reiten immer davon beeinflusst wird, wie fit und beweglich dein Körper ist. Er ist quasi dein Instrument, das gemeinsam mit dem Pferd schwingen möchte. Wenn dein Instrument verzogen, schief gestimmt und schlecht gelagert wird, kann die Musik zwangsläufig nicht so schön werden, wie wenn wir uns gut um uns kümmern. Deswegen empfehle ich dir, auf Schusters Rappen was für dich zu tun. Ich persönlich finde ja Yoga toll, aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten, die eigene Beweglichkeit und Fitness zu steigern!
Hier nochmal die wichtigen Punkte auf einen Blick:
- Aussitzen muss nicht zu jedem gelungenen Training dazugehören. Wann und wie lange bestimmen du und dein Pferd.
- Der größte Killer für gutes Aussitzen ist, wenn du dich zwingst, auszusitzen, obwohl du nicht mehr kannst.
- Wenn du dein Aussitzen durch Leichttraben unterbrichst, bevor du nicht mehr kannst, erhöht das die Qualität des Aussitzen enorm.
- Aussitzen ist nur dann gut förderlich für die Ausbildung deines Pferdes, wenn es nicht schlechter trabt als beim Leichttraben.
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Für die Fotos bedanke ich mich ganz herzlich bei Marie von Herzenshundfotografie.
Und mehr zu mir als Ausbilderin erfährst du auf meiner Homepage.