Wenn du das hier liest, gehörst du ganz sicher nicht zu den Menschen, die ihr Pferd austauschen, weil es z.B. eine bestimmte sportliche Leistung nicht bringt. Bei dir hat ein Pferd eine Lebensstellung. Du hast dich mit “Leib und Seele” auf dein Leben mit ihm eingelassen und möchtest, dass es bei dir möglichst gesund alt wird. 

Umso schlimmer fühlt es sich dann an, wenn dich der Zweifel befällt, ob du wirklich das richtige Pferd hast. Ob ihr ein echtes Match seid. 

Irgendwie hattest du dir beim Kauf  euren gemeinsamen (Ausbildungs-)Weg ganz anders vorgestellt.

Auch wenn selten darüber gesprochen wird: Mit diesem Gefühl bist du nicht alleine. Aus den unterschiedlichsten Gründen kann es im Leben jedes Pferdebesitzers dazu kommen, dass du dir nicht mehr sicher bist, ob du und dein Pferd die ideale Kombination sind.

In diesem Beitrag geht darum: 

    • Wie du aus deinem Zweifel die Superpower eurer Beziehung machst
    • Zu klären, was es für dich bedeutet, das “richtige Pferd” zu haben
    • Wie du eure Probleme für euch statt gegen euch nutzt
    • Wieso Felina und mich unsere Krise erst zu dem gemacht hat, was wir heute sind

Zweifel an dir, deinem Pferd und euch als “Match”?

“Ist Felina dein Herzenspferd?” wurde ich neulich in einem Gespräch gefragt. 

Zuvor hatte ich meiner Gesprächspartnerin die Herausforderung bei Felinas Ausbildung geschildert:  Aufgrund ihres Beckenschiefstandes, der vermuteten Ataxie und ihrer sehr weichen Fesselung musste ich an einigen Stellen nochmal ganz neu über Ausbildung nachdenken. Manche Dinge dauern einfach länger. Oft musste ich neue Lösungsansätze entwickeln. Darüber hinaus hat das Reiten von hohen Lektionen einen niedrigeren Stellenwert bekommen als früher.

Heute kann ich diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Ich liebe ihre Stärken und ihre Schwächen. Ich habe erkannt, wie sehr all das, was mit ihr schwierig war, mich persönlich und beruflich weitergebracht hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Das war allerdings nicht immer so. Unser Weg dahin hat mir einiges abverlangt und mich noch mehr gelehrt.

Phasen einer Partnerschaft

Felinas und meine Geschichte begann, als mein Hengst Wiebe in Rente ging. Er durfte zu meiner Mutter ziehen und da als Hengst mit Wallachen vergesellschaftet in einer wunderbaren Offenstallbox mit Durchgang zur Weide leben. Damit für ihn Platz war, musste Felina, die gerade angeritten werden sollte, zu mir in die Nähe von Lüneburg ziehen. Ich mochte sie sehr gern und fragte ich meine Mutter, ob ich sie übernehmen dürfe. So startete unsere gemeinsame Geschichte relativ unspektakulär, allerdings mit unaufgeräumter Vergangenheit und großen Erwartungen meinerseits. Etwas, das mir erst später so richtig bewusst werden würde.

Egal, ob du dich in dein Pferd schockverliebt hast oder rational mit einer Liste an Punkten losgezogen bist, die dein Pferd erfüllen soll: Keine Kaufstrategie garantiert dir, dass du dir immer ganz sicher bist, ob du und dein Pferd auch weiterhin zusammen gehören.

So wie du in einer Partnerschaft nicht in allen Fällen von Liebe auf den ersten Blick getroffen wurdest und den Rest deines Lebens frei von Missverständnissen, Zweifel und Diskussionen an der Seite deines Menschen verbringst, gibt es auch in der Partnerschaft mit deinem Pferd unterschiedliche Phasen. Und wenn du bereit bist, wirklich hinzuschauen, was es noch zu lernen gibt und welche Themen dir durch dein Pferd gespiegelt werden, kann Zweifel der Beginn für eine ganz neue Beziehungsebene sein.

Zweifelst du für oder gegen dich?

Zweifel – laut Duden “Bedenken; schwankende Ungewissheit darüber, ob man etwas glauben soll oder ob etwas richtig ist” entstehen immer dann, wenn etwas nicht so läuft wie gewünscht oder gehofft. Das trifft auf sowohl auf Pferde- als auch Menschenpartnerschaften zu.

Die Gründe, aus denen Zweifel entsteht, sind vielfältig: Vielleicht hat dein Pferd ganz andere (gesundheitliche) Bedürfnisse, als zunächst angenommen oder deine eigenen haben sich verändert. z.B. weil du vorsichtiger geworden bist.

Ein Problem sind unsere Erwartungen. Unabhängig davon, ob du befangen bist, weil du dein aktuelles Pferd insgeheim noch mit deinem ersten Pferd vergleichst oder du dir den Aubildungsweg einfacher und anders vorgestellt hast. Oder auch, dass du das Gefühl hast, deinem Pferd nicht gerecht zu werden. Erwartungen verstellen den Blick auf das, was gerade für dich und dein Pferd dran ist.

Zweifel sind ein unangenehmes Gefühl. Gerade deswegen finde ich es wichtig, sie zu benennen und anzuschauen, was sie dir zu sagen haben. Sie zu ignorieren strengt dich an und dein Pferd merkt deine Gefühle eh – wem willst du also etwas vormachen?

Für mich war der Mut, meine Zweifel an Felina und mir zu äußern, der Türöffner zu Veränderung und Verbesserung.

Mir hat es in den Phasen sehr geholfen, über meine Zweifel zu sprechen. Dabei hatte ich zum Glück großartige Menschen an meiner Seite, die mir den Raum gegeben haben, meine Gedanken zu äußern.

Mir hat es z.B. auch geholfen, mir andere Pferde, die zum Verkauf standen, anzuschauen. Dabei habe ich gemerkt, dass ich Felina trotz allem, was ich schwierig fand, doch immer am hübschesten fand.

Meine Tipps für dich:

  1. Sprich mit lieben Freunden über deine Gedanken (das müssen keine Pferdeleute sein).
  2. Erlaube dir, dir vorzustellen, dass du dein Pferd verkaufen könntest oder dir ein anderes kaufen könntest
  3. Was versteckt sich hinter den Ausbildungsproblemen? Hast du Lust es zu lernen? (Bilbo wollte auch keine Abenteuer erleben, als Gandalf ihn auswählte, die Zwerge zu begleiten.)

Das “richtige Pferd” für dich

Ich bin überzeugt davon, dass dein Pferd aus einem bestimmten Grund in dein Leben gekommen ist. Dass es etwas gibt, was du genau mit dieser Seele lernen kannst (was nicht zwangsläufig heißt, dass du es behalten musst).

Für mich gibt es im wesentlichen 3 Säulen, auf denen eine erfüllte Pferde Partnerschaft thront:

 

  1. Fachlich fundierte Ausbildung:
    Frustration entsteht in den meisten Fällen durch Unwissenheit. Viele Sackgassen und emotionale Tiefs lassen sich durch eine gute Ausbilderin auflösen, die dir neue und andere Lösungswege zeigt.
  2. Bei dir selbst hinschauen:
    Was triggert dein Pferd bei dir? Welche Eigenschaften sind das? Möchtest du die haben oder willst du die verändern? Wenn dein altes Pferd z.B. super zuverlässig war und dein neues sehr schreckhaft: Möchtest du eine Pferdebesitzerin sein, die in sich ruht und dadurch Ruhe vermittelt und die das nötige Fachwissen hat, um deinem Pferd einen neuen Umgang mit stressigen Situationen beizubringen?
  3. Offen sein
    Jede Pferd-Mensch-Beziehung hat ihre eigene Schönheit. Bist du bereit, diese zu entdecken?

    Verkauf?

    Wie mit menschlichen Partnern kann es einfach sein, dass du und dein Pferd nicht zusammen passen. Sich das einzugestehen, kann ein langwieriger und schmerzhafter Prozess sein. 

    Ich kenne Mensch-Pferd-Paare, für die die Trennung genau der richtige Schritt war. Und andere, bei denen es so wichtig war, dass sie ihr Pferd behalten haben.

    Bei mir hat es drei Jahre gedauert, in denen Felina nach einer Verletzung bei meiner Mutter zur Erholung stand, bis ich mir erlaubt habe, darüber nachzudenken, ob ich ihr einen neuen Menschen suche. 

    Noch etwas später habe ich das tatsächlich getan: Ich habe ein wunderbares Zuhause für sie gefunden. Nur dass ihre neue Besitzerin 6 Wochen nach dem Verkauf schwer erkrankt ist und ich sie dann zurückgenommen habe. Für uns war das ein Startschuss für ein neues Kapitel: Ich habe sie wieder dichter an meinen Wohnort geholt und wieder begonnen, mit ihr auf die Ausbildungsreise zu gehen. Rückblickend war es das Beste, was mir passieren konnte. Das Leben hat mir eine klare Botschaft geschickt, in dem es sie mir wieder vor die Tür gestellt hat. Für mich war der Prozess des Loslassens genau wie der des Wieder-annehmens wichtig.

    Wenn du dich in diesem Artikel wiedererkannt hast, und jetzt denkst “das klingt ja alles super, aber wie soll ich das alleine hinbekommen…”: Das musst du nicht. Für mich war das größte Geschenk, trotz aller Zweifel zu entdecken, dass Felina genau das richtige Pferd für mich ist. Diese Erfahrung möchte ich gerne mit dir teilen. Wenn du also ein bisschen Rückenwind dabei brauchst, dich wieder neu und noch mehr in dein Pferd zu verlieben, melde dich bei mir.

    Fotos: Herzlichen Dank an Marie-Christin Zurbrüggen von Herzenshundfotografie!

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